Eine Hiobsbotschaft nach der anderen rauscht durch die Presse. Was am Morgen Fakt ist, gilt abends schon nicht mehr. Mir dreht sich der Kopf und manchmal weiss Ich nicht mehr wo oben und unten ist!
Wie geht’s weiter? Was können wir tun, um nicht nur körperlich, sondern auch psychisch unbeschadet durch die Corona-Zeit zu kommen? Wer oder was hilft uns?
Die Regale der Buchhandlungen biegen sich unter dem Gewicht der Ratgeber über Achtsamkeit und Stärke; eine Vielzahl an Podcasts erzählen uns anhand von Erfahrungsberichten vom Weg zum Glück und Pinterest propagiert den Schlüssel zur inneren Ruhe durch Stickereien und DIY-Projekte…
Vor ein paar Wochen bin Ich schließlich über einen Artikel in einer meiner Lieblingszeitschriften „Natur & Heilen“ auf ein tolles Buch gestoßen, das mich ungemein sortiert, beeindruckt und auch beruhigt hat.
„Das resiliente Gehirn - Wie wir zu unerschütterlicher Gelassenheit, innerer Stärke und Glück finden können“ von Rick Hanson
Es geht also um Resilienz und wie wir sie aktiv bilden und v.a. erhalten können. Ein Thema, das mich schon von Berufs wegen dauerhaft interessiert, denn darum geht es in meiner Praxistätigkeit tagtäglich: wie kommt es, dass Menschen ihre Stresssituationen unterschiedlich verarbeiten? Der eine geht relativ unbekümmert und frei von äußeren Einflüssen durchs Leben, der andere fällt von einer dramatischen Situation in die andere und scheint nie auf die Füße zu kommen. Was mich interessiert ist natürlich die Frage: wie kann man letzteren darin unterstützen aus diesem Teufelskreis, aus diesem ewigen Karussell der Enttäuschungen, rauszukommen?
Resilienz bedeutet weit mehr, als Widrigkeiten zu ertragen. Wir brauchen Resilienz jeden Tag, um mit Stress zurecht zu kommen, unserem Beruf nachzugehen, um Kinder aufzuziehen, gesundheitliche Probleme zu bewältigen, gute Beziehungen mit anderen Menschen einzugehen, von alten Schmerzen zu genesen, oder manchmal auch einfach um weiter zu machen. Rick Hanson sagt hierzu:
„ Wenn wir uns auf eine Wanderung begeben, wissen wir, dass wir Lebensmittel und andere Vorräte mitnehmen müssen. Das gleiche gilt, wenn wir den Weg des Lebens gehen. Wir brauchen psychologische Vorräte wie Mut und Großzügigkeit in unserem neuronalen Rucksack.“ (Rick Hanson)
Das heißt also:
Entwickeln Sie die Stärken, die Sie am meisten brauchen, um ein resilientes, glückliches Leben zu führen.
Mir gefällt sehr gut, dass Hanson eine Art „Matrix der Stärken“ erschafft:
Die 3 Grundbedürfnisse: Sicherheit, Zufriedenheit und Verbundenheit werden mit den 4 Umsetzungsvarianten: Erkennen, Ressourcenbildung, Regulierung und in Beziehung treten kombiniert und heraus kommen: 12 Stärken !!
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Erkennen |
Ressourcen bilden |
Regulieren |
in Beziehung treten |
Sicherheit |
Mitgefühl |
Durchhalte-vermögen |
Ruhe |
Mut |
Befriedigung |
Achtsamkeit |
Dankbarkeit |
Motivation |
Bestreben |
Verbundenheit |
Lernen |
Vertrauen |
Intimität/Nähe |
Großzügigkeit |
Das sind seiner Ansicht nach die psychologischen Vorräte, die wir in unserem individuellen neuronalen Rucksack am meisten brauchen, um gut durchs Leben gehen zu können.
Das Buch gibt nicht Übungen zum „Nachturnen“ vor, sondern der Autor nimmt den Leser an die Hand und lädt ihn ein, mit ihm Schritt für Schritt anhand praktischer Trainingseinheiten -die im Übrigen teilweise recht kauzig sind-, sich über das Vorhandensein der eigenen Stärken klar zu werden.
Man kann dieses Buch aber auf unterschiedliche Art und Weise gebrauchen: etwa über ein Jahr jeden Monat ein Kapitel für das persönliche Wachstum erkunden. Oder man kann sich einzelne Ressourcen herausgreifen, die für einen selbst von besonderer Bedeutung sind.
Ich habe mich zunächst für die zweite Variante entschieden und mir das Durchhaltevermögen rausgepickt, weil Ich in dem Bereich manchmal nicht so wirklich gut bin. Das war eine recht spannende Reise von fast 30 Seiten, die mich genau ins Mark getroffen hat und mir gleichzeitig einen gangbaren und möglichen Weg zu einer Verbesserung zeigt. Das Fazit lautet nämlich:
„Es ist immer leicht, morgen damit zu beginnen. Fragen Sie sich stattdessen: Was kann Ich heute tun?"
(Rick Hanson)
Der Autor, Rick Hanson, ist Neuropsychologe und ein international anerkannter Experte für Neuroplastizität. Er beschäftigt sich seit Jahrzehnten schon damit, eine Verbindung von Hirnforschung, Meditation und Psychologie herzustellen.
Es stimmt also doch:
Meditation und andere kontemplative Techniken verändern nachweislich die Gehirnstruktur.
Die Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns sich permanent neu zu formen, sich an die Gegebenheiten anzupassen.
„Unser Gehirn wird durch unsere Erfahrungen geformt, die wiederum durch das geformt werden, mit dem wir uns befassen. Wir können auf dauerhafte innere Stärke zählen, wenn unsere Erfahrungen fest in unserem Nervensystem verankert sind. Der Schlüssel besteht darin zu lernen vorübergehende Erfahrungen in dauerhafte innere, in unserem Gehirn eingebaute Ressourcen umzuwandeln. Das ist was Ich als positive Neuroplastizität bezeichne.“
(Rick Hanson)
Und dabei helfen, wissenschaftlich durch bildgebende Verfahren belegt, kontemplative Techniken. Es funktioniert also wirklich: Meditation verändert das Gehirn!
Die positiv erlebten Erfahrungen können gezielt mit Hilfe von Meditation oder anderen Achtsamkeitstechniken, internalisiert, also verinnerlicht, werden. In diesem Prozess lernt das Gehirn innere Kräfte aufzubauen, die wiederum noch resilienter machen. Somit ist klar, dass Wohlbefinden und Resilienz sich in einer Aufwärtsspirale begünstigen.
Das wiederholte Erleben und Verinnerlichen einer bestimmten Erfahrung in der Vergangenheit macht es uns leichter, sie in der Gegenwart zu erzeugen.
Leider arbeitet das Gehirn vorrangig mit der sogenannten Negativ-Verzerrung, d.h. Erlebnisse und Erfahrungen, die stressvoll und negativ sind, werden vorrangig gespeichert; d.h. ein Erlebnis wie etwa die Hand an der heißen Herdplatte verbrennen merken wir uns besser als schöne 2 Wochen Ferien bei Oma und Opa. Das hat uns im Laufe der Evolution vor Schaden bewahrt und das Überleben gesichert.
Jetzt sind unsere Lebensumstände aber andere. Jetzt müssen wir aktiv das Positive in unser Leben wahrnehmen und hereinlassen, um es dann zu mehren, denn das tut uns gut!
Die Orientierung an positiven Erfahrungen schafft also, wie gesagt, eine physische Umstrukturierung im Gehirn, die ein Umdenken zur Folge hat. Durch Steuerung dieses Lernprozesses können wir innere Stärken aufbauen. Es gehört eine kleine Anstrengung dazu, dass diese guten Erfahrungen dauerhaft Spuren hinterlassen. Das Gehirn muss wie eine Muskel trainiert werden durch das bewußte Sammeln schöner Momente und durch regelmäßiges Meditieren:
„Deshalb ist es wichtig die Juwelen in unserem Umkreis zu sehen. Jeder Tag ist wie ein mit Juwelen bestreuter Pfad…glückliche Momente, die Schönheit der Natur, die Aufgaben, die wir erfüllen, unsere eigenen Talente und Fähigkeiten oder die Menschen, die sich um uns kümmern. Man kann selbst in schwierigen Zeiten das Gute finden.“
(Rick Hanson)
Mein Fazit:
Durch eine positive Haltung und Wahrnehmung der Welt um uns herum, durch die Beschäftigung mit den eigenen inneren Ressourcen und durch regelmäßiges Meditieren lernen wir resilient zu werden und eine beständige innere Ruhe zu entwickeln.
Eine einfache Rechnung:
Beschäftigung mit eigenen Ressourcen
+ positive Wahrnehmung der Welt
+ Meditation
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= Resilienz
Das ist doch machbar, oder ??
Wer jetzt Blut geleckt hat und:
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